Comeback des Jahrhunderts
Sotschi
Kommt jetzt die wahre Zeitenwende? Vor vier Jahren, als Trump nach dem Sturm aufs Kapitol, den niederschmetternden Schlagzeilen und seinen verzweifelten Versuchen, die Wahl für gefälscht zu erklären, am Boden lag, aussichtslos, ein alter Mann, ein politisches Hindernis in den Augen seiner Partei, der Republikaner, die ihn aus dem Weg räumen wollten, schrieb ich hier nur halb im Scherz, dass ihm die Zukunft trotz allem einen «glorreichen Sonnenaufgang im Weissen Haus» bescheren könnte.
Das fast Unvorstellbare ist nun eingetreten, und wir haben die Aufgabe, das grösste Comeback eines Politikers seit Journalistengedenken einzuordnen. Man muss dieses Ereignis auch vor dem Hintergrund einer jahrelangen regelrechten Verfolgungskampagne des amerikanischen, aber auch des internationalen Establishments begreifen, einer kollektiven Hexenjagd, die den unkonventionellen Polit-Neuling Trump, den Quereinsteiger, mit Unmengen von Dreck bewarf.
Doch er gab nicht auf, liess sich nicht unterkriegen, Genie der Unzerstörbarkeit, steckte Rückschläge ein, Verurteilungen, die ganze Artillerie jener durchgeknallten Verunglimpfungen, mit denen sich moralisierende, abgehalfterte Eliten auch anderswo gegen Kritik, Opposition und Demokratie einpanzern. Wundersam überlebte er mehrere Attentate, eines davon um Haaresbreite, eine direkte Folge auch jener bösartigen Schmähungen, mit denen man ihn zum Volksfeind, zum «Nazi» stempeln wollte.
Trumps Rückkehr an die Macht ist vor allem Ausdruck einer gewaltigen Unzufriedenheit oder darf man sagen: Verzweiflung weiter Teile der amerikanischen Bevölkerung an einer Politik, die sich immer offensichtlicher gegen die Interessen der werktätigen, pünktlich ihre Steuern bezahlenden Leute richtet. Ihnen dürfte imponiert haben, dass sich dieser nun auch schon 78-jährige Multimillionär nach allem, was er erleben musste, nicht auf eine seiner Jachten zurückzog, sondern unbeirrbar weiterkämpfte für Amerika.
Die landläufige Behauptung, Trump sei ein von unbändigem Egoismus getriebener Selbstdarsteller, eine eitle Lachnummer aus dem Kuriositätenkabinett des Privatfernsehens, greift zu kurz. Einem solchen Kugelhagel, auch im übertragenen Sinn gemeint, setzt sich keiner aus, wenn es ihm nur ums Ego geht. Unbestreitbar ist Trump ein Patriot, ein Amerikaner, vielleicht einer in derart konzentrierter Form, dass es selbst den Amerikanern etwas unheimlich wird, wenn sie in ihm ihr Spiegelbild betrachten.
Nun also ist er zurück, und seine Gegner machen lange Gesichter. Dabei haben sie das Publikum doch jahrelang, noch vor seiner ersten Wahl, vor diesem Ungeheuer gewarnt, Nichtwahlempfehlungen abgegeben. Konkurrentin Kamala Harris, dieses von den Medien hochgespielte Leichtgewicht einer selbstverständlich vor sich hin regierenden Classe politique, glaubte noch im Wahlkampf, sich auf den Magnetismus der Feindbilder, auf die Magie der Verteufelung verlassen zu können. Sie irrte sich massiv.
Trumps Triumph ist das Waterloo der klassischen Medien. Sie sind bestraft worden dafür, dass sie sich nicht nur in Fragen der US-Innenpolitik, sondern auch bei allen anderen Reizthemen der Gegenwart von Klima, Corona, Migration bis hin zu Russland und dem Krieg in der Ukraine sklavisch auf die Seite der Mächtigen geschlagen haben, dabei ihren journalistischen Auftrag verratend, der doch heisst, die Etablierten zu kritisieren, Gegensteuer zu geben und, wo nicht vorhanden, Meinungsvielfalt zu erzwingen.
Mit Trump zieht Optimismus wieder ein ins Weisse Haus.
Nicht dank, sondern gegen die herkömmlichen Medien gewann Trump diese Wahl. Sein Erfolg ist auch der Erfolg der Alternativen, der Podcasts vor allem, die im Begriff sind, die alten Medienhäuser, die Gesinnungsmonopolisten abzulösen, die immer mehr Leute irritierende, ja abstossende Moral-Inquisition des Mainstreams, der die Leute in gut und böse sortiert, ja das ganze Weltgeschehen in einen täglichen Schauprozess eintaucht, in dem die Journalisten als Scharfrichter auftreten und Souffleure der Macht.
Das ist der Grund, warum so viele in Trump jetzt einen Hoffnungsträger, einen Lichtblick sehen, wenn auch einen ungewöhnlichen. Sie trauen ihm eine wahre Zeitenwende zu, eine Abkehr vom «woken» Sozialismus, der den Westen insgesamt befallen, heimgesucht, verflucht hat, das Ende auch einer Kriegspolitik der Kreuzzüge und Konfrontationen. Trump, so die Erwartung, steht für die Rückkehr der Wirklichkeit, für die Beschäftigung mit realen Problemen: Inflation, Migration, internationale Spannungen.
Gut möglich, dass mit diesem Wahlsieg eine natürliche politische Entwicklung der letzten Jahre endgültig ihren Durchbruch erlebt. In wirtschaftlich guten Zeiten haben Linke und Grüne die Nase vorn. Wenn es mit der Wirtschaft und der Welt bachab geht, kommen die Konservativen zurück, gewinnt das Solide und Bewährte. Das sehen wir in Europa. Das ist nun in den USA der Fall. Aber die Vereinigten Staaten haben in unserer Welt die Führungsrolle. Gesundet der Westen an Trump?
Der gewählte Präsident hat durchblicken lassen, dass er nicht nur die USA umdrehen will, sondern auch die internationalen Beziehungen in Ordnung bringen möchte. «Russland und China sind nicht unsere Feinde, sie sind potenzielle Partner», sagte der Wiedergewählte im Wahlkampf. Das sind, mit Blick auf das Trauerspiel der europäischen Politik, fast unwirklich, revolutionär klingende Worte. Doch gerade Europa hätte das allergrösste Interesse daran, dass der Ukraine-Krieg endlich zu Ende geht.
Friedenstaube Trump? Warum nicht? In seiner ersten Amtszeit war die Erde lebenswerter. Die Wirtschaft lief, die Panzer blieben in den Kasernen. Natürlich gab es Krisenherde, Konflikte, aber die Trump-Kritiker, ja -Feinde machen den Fehler, dass sie zu sehr an den Worten und Tweets dieses begnadeten Provokationskünstlers hängen und zu wenig auf die Taten schauen. Trump mag ein Entertainer sein, aber definitiv ist er kein Ideologe, kein Sturkopf, sondern Geschäftsmann, ein Pragmatiker.
Für die Welt, auch für die Schweiz ist das Wahlergebnis eine gute Nachricht. Den Eidgenossen geht es besser, wenn in Washington die Republikaner regieren. Die Zeiten mit Trumps Botschafter Ed McMullen sind in bester Erinnerung, um Welten angenehmer als das finstere Gebaren von Bidens Statthalter Miller, diesem Oberschulmeister einer unbedarften transatlantischen Überheblichkeit. Sonnenaufgang oder Mondfinsternis? Wir werden sehen. Mit Trump zieht der Optimismus wieder ein ins Weisse Haus
R.K.