Zürcher Unterländer: Roger Köppel referierte im Heimspiel

allgemein

Roger Köppel referierte im Heimspiel

Zürcher Unterländer, von Sharon Saameli, 30. September 2019

Kloten Auf seiner Gemeindetournee durch den Kanton machte Ständeratskandidat Roger Köppel halt in der Flughafenstadt – seiner einstigen Heimat.

Soundcheck: Roger Köppel ruft durch den Dachstock des Ortsmuseums Bücheler- Hus, ob ihn alle verstehen. Das Mikrofon bleibt unberührt, er will direkt zu seinen Gästen sprechen – und laut reden kann er sowieso, es geht ihm um den Erhalt des Schweizer Wohlstands, um die Fortschreibung der „Wundergeschichte“ seiner Heimat. Und es geht um ihn. Denn Roger Köppel will Ständerat werden.

An diesem Freitagabend in Kloten ist der 54-jährige SVP-Nationalrat nervös, „überwältigt“, wie er sagt. Denn er hat ein Heimspiel: ln Kloten ist Roger Köppel aufgewachsen. Allen schüttelt er die Hand und fragt nach, wo sie leben. Er erinnert sich an die Zeit im Kanzlerueg, wo er gelebt hat und „vor der Klimaenruärmung noch schlitteln konnte“, und freut sich über das Erscheinen seiner Wander- und Hockeykollegen. Die Stadt Kloten ist seine 131 . Station von insgesamt 162, die er bis zu den Wahlen am 20. Oktober besucht.

Joviales Ankommen

Seine Ansprache, die länger als in anderen Gemeinden ausfallen wird, beginnt jovial. Roger Köppel weiss, wie er das Publikum an seine Lippen heften kann; er steht vor einer Hundertschaft Verbündeter, es werden kaum kritische Stimmen gegen ihn oder die Partei erhoben. Er würde auch sprechen, wenn nur eine Person im Raum sässe, sagt er. Doch sein zehnjähriger Sohn habe ihn durchschaut, erzählt der dreifache Vater: Er sagte zu mir: „Du würdest diese Tournee auch dann durchziehen, wenn gar niemand käme. Du hörst dich selber so gerne reden.“

Der Exilklotener habe gesprochen wie immer, werden einige Zuhörerinnen und Zuhörer später beim Apéro sagen. Seine rhetorischen Künste sind bekannt: Gestik und Redepausen setzt Köppel bewusst ein, er blickt den Leuten in die Augen – über eine Stunde lang, ohne dem Zettel in seiner Hand auch nur einen Blick zu schenken.

Direkt zu den Leuten

162 Gemeinden in 187 Tagen – wieso tut sich ein Politiker so was an, vor allem einer, der vor vier Jahren mit dem besten Ergebnis aller Zeiten in den Nationalrat gewählt wurde? „wenn meine Aussagen von den Medien so verdreht und geschnitten werden, muss ich eben direkt zu den Leuten“, sagt er. Das erste Feindbild ist heraufbeschworen: der Medien-Mainstream. Die Wahrheit erfahre man nur von ihm selbst – und von der „Weltwoche“, für die am Anlass übrigens fleissig geworben wird.

Das zweite Feindbild, das Köppel heraufbeschwört, betrifft nicht ihn selbst, sondern die Schweiz. Wie er aus seinem Geschichtsstudium und Gesprächen mit der Familie weiss, wurde der Kontinent in zwei Weltkriegen ins Elend gestürzt und seine Familie, die aus Deutschland einwanderte, dreimal enteignet. „Alles fiel in sich zusammen: der Kommunismus, der Faschismus, die Königreiche. Nur eins nie: die Schweiz.“ Die kleine Insel der Glückseligkeit, die Idylle, der Gefahr von aussen droht: vom „EU-Unterwerfungsvertrag“, von der „masslosen Zuwanderung“, von der „Klimahysterie“. Und auch hier findet Köppel Raum für Scherze: „Wieso sollen wir eigentlich immer mehr in die Wärmeisolation unserer Häuser investieren, wenn sich das Klima sowieso erwärmt?“

Auffällig bleibt, dass nicht nur Köppels Gestik und Schlagworte – „Sozialindustrie“, „Ausblutung des Mittelstands“ – an SVP-Übervater Christoph Blocher erinnern, sondern auch die Idee einer Gemeindetournee. Denn als Blocher sich 1992 um den Ausgang der EWR-Abstimmung sorgte, machte er sich kurzerhand auf zu einer beispiellosen Saalredetournee. Von anfangs einem Vortrag pro Tag gegen den EWR-Beitritt kam Blocher in der Endphase nicht selten auf drei Reden täglich. Es wird sich zeigen, ob Köppel bei den Ständeratswahlen an den damaligen Erfolg Blochers anschliessen kann. Gemäss einer Umfrage des „Tages-Anzeigers“ hat aktuell das Duo Jositsch/Noser bessere Chancen auf weitere vier Jahre in Bundesbern.

Für Ständeratskandidat Roger Köppel ist Kloten die 131 . Station von insgesamt 162, die er vor den Wahlen am 20. Oktober besucht.

Beginnen Sie mit der Eingabe und drücken Sie Enter, um zu suchen