Weltwoche Kommentar 32/21

Kommentar

Der Sinn des Lebens

I

ch habe eine Frau, vier Kinder, keine Haustiere. Meine Ehe kam spät, ich war 44 Jahre alt. Es stimmt. Ehen können anstrengend sein. Konflikte sind Alltag. Wer behauptet, in einer harmonischen Beziehung zu leben, lügt. Frauen und Männer können nicht spannungsfrei zusammen sein. Es ist unmöglich. Auch deshalb, weil Frauen – es liegt in ihrer Natur – ihre Männer dauernd erziehen und zivilisieren müssen. Sie haben recht. Man kann, darf die Männer nicht sich selber überlassen.

Als langjähriger Ex-Junggeselle halte ich fest: Es ist definitiv besser, zu heiraten, als nicht zu heiraten. Selbst das Risiko einer Scheidung entkräftet die Vorteile einer Ehe nicht. Das Leben ist unvollständig, wenn man es ohne eigene Familie verbringt. Der Mensch verkommt, verwahrlost in unstabilen, flüchtigen Beziehungen. Mehr noch: Erst nach der Hochzeit fängt das Leben richtig an.

Ich komme auf einen heiklen Punkt. Der Sinn jeder Ehe sind die Kinder. Es gibt Frauen, die sich einreden und anderen einzureden versuchen, auch Frauen, die sich bewusst und nicht aufgrund von Unfruchtbarkeit gegen Kinder entscheiden, könnten genauso glücklich sein wie Frauen mit Kindern. Anhand persönlicher Erfahrungen muss ich widersprechen: Die meisten Frauen sind unglücklich, wenn sie keine Kinder haben.

Wir lesen dieser Tage viel über Aktivisten, Demonstranten, Weltverbesserer. Es wuchern politische Appelle zur Rettung des Planeten. Meines Erachtens ist der wichtigste Beitrag, den jeder von uns für eine bessere Zukunft leisten kann, die Gründung einer eigenen Familie. Verbunden mit dem Auftrag, dafür zu sorgen, dass die Kinder gut herauskommen. Das bringt viel mehr als die Besetzung einer UBS-Filiale oder die Teilnahme an einem Frauenstreik.

Wenn man sich schon auf den Standpunkt stellt, alles drehe und wende sich nur um den Menschen, alle unserer grossen Probleme seien menschengemacht – was ich persönlich nicht einmal glaube –, kann es doch erst recht keine wichtigere Aufgabe geben als die Pflege jener neuen Generationen, die unsere Welt dereinst prägen werden.

Bilden, ziehen wir gute oder schlechte Menschen heran? Das ist die entscheidende Frage.

B

ei den Medien und in der Politik ist die vielfach irrige Meinung im Umlauf, die Qualität einer Gesellschaft hänge von der Güte ihrer sozialen Umsorgung durch den Staat ab. Nach dieser Auffassung ist der Mensch das Produkt seiner gesellschaftlichen Umgebung. Diese Sicht hat den Vorteil, dass sie mich von der Verantwortung für mein Leben weitgehend entlastet.

Als langjähriger Ex-Junggeselle halte ich fest: Es ist definitiv besser, zu heiraten, als nicht zu heiraten.

Werde ich zum Beispiel Verbrecher, ist das nicht meine Schuld, sondern die Folge unbewältigter Armut, kindlicher Traumatisierungen, zu grosser Ungleichheit oder schlecht gemanagter Migration. Nach diesen Theorien lässt sich die Menschheit in beliebig viele Opfergruppen einteilen, die dann politisch betreut und bewirtschaftet werden müssen.

Für viele führt der Weg zu einer besseren Welt deshalb über den Staat. Sie messen die moralische Qualität einer Gesellschaft an der Zahl der Vorschriften, Regeln, Verbote und gutgemeinten Staatseingriffe. Nicht wenige sind überzeugt, dass höhere Steuern eine gerechtere Gesellschaft produzieren.

Ich sehe es anders. Ich glaube, der Charakter eines Menschen ist entscheidend. Ob ich Verbrecher werde oder einen anständigen Beruf erlerne, ist meine freie Entscheidung. Selbst wenn ich unter armseligsten Umständen lebe, zwingt mich niemand, meinen Nachbarn auszurauben. Umstände beeinflussen mein Handeln, aber wie ich unter diesen Umständen handle, bestimme ich selber.

I

st Charakter angeboren oder anerzogen? Vermutlich beides. Aber ist das so wichtig? Als Vater habe ich die Pflicht, alles zu tun, dass meine Kinder recht herauskommen. Charakter ist wichtiger als Nationalität, soziale Herkunft, Schulbildung, politische Gesinnung, Religion, Haut- oder Haarfarbe. Auf den Charakter eines Menschen kommt es an, vor allem anderen.

Deshalb sind Familien wichtig. Sie sind die Grundlage unserer Zivilisation. Auch wirtschaftlich. Und vor allem sind sie die erste und prägende Lebensschule aller künftigen Generationen. Familien sind charakterbildend, und in der Familie tragen die Eltern, Mann und Frau, gemeinsam die Verantwortung.

Natürlich kann uns die Politik nicht egal sein. Selbstverständlich soll man sich für seine Überzeugungen engagieren. Manchmal muss man das sogar. Aber der grösste Beitrag zur Weltverbesserung sind gute Familien mit guten Kindern. Darin liegt der Sinn des Lebens.

R.K.

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