Wachsam bleiben, Unabhängigkeit verteidigen

allgemein

ZAHLREICHE AUSSENPOLITISCHE BAUSTELLEN

Von Roger Köppel

D

ie parlamentarische Halbzeit in unseren Beziehungen zur Welt ist durchzogen: Das EU-Rahmenabkommen ist vorläufig abgewendet, doch bereits droht bei den Steuern ein neuer Angriff auf die Schweiz. Die Politik rückt immer mehr vom bewährten Grundsatz der Neutralität ab. Die SVP ist gefordert.

Wer hätte es für möglich gehalten, dass unser Bundesrat das gefährliche institutionelle Abkommen (InstA) von sich aus beendigen würde? Dieser mutige Schritt vom 26. Mai 2021 hat einstweilen verhindert, dass die Schweiz zu einem Untertanengebiet der EU herabsinken wird. Dabei hat dieselbe Landesregierung während sieben Jahren für diesen Vertrag geweibelt und die institutionelle Anbindung, die Unterwerfung der Schweiz unter das Brüsseler Fehlkonstrukt, als segensreichen Königsweg gepriesen. Es ist zur Hauptsache der SVP und speziell deren beiden Bundesräten zu verdanken, dass Bundespräsident Guy Parmelin in Brüssel eine so glasklare Ansage zugunsten der schweizerischen Unabhängigkeit machen konnte. Es erfüllt uns mit Freude und Dankbarkeit, dass der Bundesrat die verfassungsmässigen Freiheitsund Menschenrechte des Volkes und in den Kantonen so beherzt verteidigt hat. Gleichzeitig bleibt Wachsamkeit höchste Bürgerpflicht. Denn die Gefahr der Anbindung ist nicht gebannt. Die Regierung hat nicht aus innerer Überzeugung Nein gesagt, sondern aus Angst vor einem Totalschaden bei einer Volksabstimmung. Leider hat der Bundesrat den institutionellen Unterwerfungsmechanismus, der die EU als Gesetzgeber in der Schweiz installieren würde, sogar ausdrücklich akzeptiert. Die Polit-Elite in Bern drängt nach wie vor in Richtung Brüssel. Denn mehr EU bedeutet mehr Macht für die Politik, aber mehr Ohnmacht fürs Volk.

Kohäsionsmilliarde und Migrationspakt

Die SVP widersetzt sich entschieden der Zahlung einer «Kohäsionsmilliarde » an die EU, solange diese an willkürlichen Sanktionen gegen die Schweiz festhält – wie zum Beispiel die Nichtanerkennung der Gleichwertigkeit der Börsen. Schon gar nicht dürfen wir die 1,3 Milliarden Franken gewissermassen als «Marktzugangsgebühr» akzeptieren, denn ansonsten könnten alle anderen unserer Handelspartner im Sinne der Gleichberechtigung ebenfalls eine «Marktzugangsgebühr» einfordern. Auch der vom Ständerat vorläufig zurückgestellte Uno-Migrationspakt bedarf in der zweiten Legislaturhälfte grösster Aufmerksamkeit. Die angeblich «weiche » Gesetzgebung bildet nämlich regelmässig die Grundlage für verbindliche Vorschriften, auf die sich dann namentlich unsere Richter beziehen. Der Uno-Migrationspakt bedeutet faktisch das freie, ungeregelte Migrations- und Niederlassungsrecht für alle Menschen dieser Welt. Die Auswirkungen für die wohlhabenden Staaten des Nordens und Westens – namentlich für die Schweiz – sind unschwer vorauszusagen. Auch beim Migrationspakt ist die SVP gefordert, um zu verhindern, dass der Souverän bei einem derart entscheidenden Abkommen ausgeschaltet wird.

Pleitestaaten und Moraltanten

Beim Steuerdruck der sogenannten G- 20-Staaten, also der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, ist die SVP meines Erachtens viel zu rasch eingebrochen. Ich vermisse den entschiedenen Widerstand gegen diese Ausschaltung der Souveränität in Steuerfragen. Haben wir eine amerikanische Weltherrschaft? Sollen uns hochverschuldete Pleitestaaten diktieren, wie hoch unsere Steuersätze sein sollen? Niemals. Die steuerhungrige G-20 und damit auch die OECD verlangen einen einheitlichen Mindestsatz der Unternehmenssteuern von 15 Prozent für global agierende Unternehmen. Sie wollen diese Anmassung obendrein mit der Möglichkeit verbinden, die 15 Prozent innert sechs Jahren auf 21 Prozent zu erhöhen. Die von dieser Steuervereinheitlichung massiv betroffene Schweiz hat kein Nein angekündigt. Dabei besässe sie als Gründungsmitglied der OECD ein Vetorecht. Warum wäre der schweizerische Widerstand so wichtig? Wir sprechen hier vom grundsätzlichsten Souveränitätsrecht der Staaten: ihre Steuersätze selber festzulegen. Wegen der Steuerfrage haben sich die USA seinerzeit vom englischen Mutterland losgelöst und deswegen lange Unabhängigkeitskriege geführt. Die SVP hätte hier den Auftrag, sich gegen solche «Steuerharmonisierungen» (die immer auf Steuererhöhungen hinauslaufen) entschieden zu widersetzen, diesen neuerlichen Angriff auf die Unabhängigkeit unseres Landes aus staatspolitischen Überlegungen abzuwehren! Eine aussenpolitische Grossbaustelle ist und bleibt die Neutralität. Bundesrat, Parlament und Verwaltung rücken von diesem bewährten Grundsatz zusehends ab. Unter dem Druck moralisierender Medien spielen sich auch Politiker vermehrt als internationale Moraltanten auf, schlimmer noch: Parteien von SP bis FDP wollen mit Sanktionen Wirtschaftskrieg führen gegen Länder, die ihnen nicht passen. Lieblingsziel dieser grössenwahnsinnigen Neutralitätsbeerdiger ist China, aber auch Russland, neuerdings Ungarn. Hier ist die SVP wieder im Grundsätzlichen gefordert: Sie muss aufzeigen, warum es im lebenswichtigen Interesse ist für die Schweiz, mit allen Ländern dieser Welt freundliche Beziehungen und wirtschaftlichen Austausch zu pflegen. Wir können es uns schlicht nicht leisten, mit allen Ländern Streit zu haben. Gegen diese aussenpolitische Kurzsichtigkeit hat die SVP wieder den Blick fürs Langfristige und Vernünftige zu schärfen!

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