Wirtschaftliche und soziale Ungleichheiten in der erweiterten EU
Amtliches Pulletin, Nationalrat, Wintersession, Votum von Roger Köppel, 03. Dezember 2019
Wirtschaftliche und soziale Ungleichheiten in der erweiterten EU. Zweiter Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Staaten
Namens der SVP-Fraktion kann ich Ihnen versichern, dass auch wir, die Beitrittsgegner, den europäischen Einigungsprozess mit grossem Wohlwollen und mit Respekt verfolgen. Die EU ist der noble Versuch, Jahrhunderte der Kriege und Exzesse in einem neuen Modell grenzübergreifender Zusammenarbeit zu überwinden. Selbstverständlich sind auch wir von der SVP für Frieden und Zusammenarbeit. Doch die Frage stellt sich eben, wie wir diese Zusammenarbeit am besten organisieren. Für uns kann es Zusammenarbeit nur auf der Grundlage bewährter schweizerischer und europäischer Werte geben: Freiheit, Eigenverantwortung und Marktwirtschaft. Der aussenpolitische Horizont der SVP geht deshalb über die Schweiz, geht über Europa weit hinaus.Wer die Schweiz institutionell an die europäische Kontinentalscholle andocken will, befördert nicht, sondern verhindert aus unserer Sicht eine weltoffene und damit eine erfolgreiche Schweiz.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die SVP gegen alle Versuche, die Schweiz durch Rahmenverträge, „Guillotinen“ aber eben auch sogenannten Kohäsionszahlungen, die aus Sicht eines freien, unabhängigen Staates ein Unding bedeuten, an die EU anzuschrauben. Die Schweiz muss nicht Geld zahlen, um Europa zu helfen. Die Schweiz hilft Europa schon heute, indem sie mit der EU intensive marktwirtschaftliche Beziehungen zum gegenseitigen Nutzen pflegt. Unsere Investitionen, unsere Wirtschaft leisten seit Jahren einen herausragenden Beitrag zum Wohlstand und sozialen Frieden in der EU. Seit über fünfhundert Jahren hat die Schweiz keinen Krieg mehr angefangen. Unser Land ist das älteste Friedensprojekt Europas. – Frau Präsidentin, habe ich nicht fünf Minuten? (Präsidentin: Doch, Sie haben fünf Minuten.) Es sind eben doch fünf Minuten, hier auf der Anzeige steht nämlich, es seien nur zwei Minuten.
Mit grosser Besorgnis verfolgt die SVP daher, wie sich die EU von diesem bewährten Modell gleichberechtigter Zusammenarbeit verabschiedet. Brüssel setzt zusehends Druck gegen die Schweiz auf. Die EU schikaniert unsere Universitäten, sie boykottiert unsere Börse, Brüssel verweigert Verhandlungen über die Personenfreizügigkeit, obwohl es vertraglich dazu verpflichtet wäre.
Die Kohäsionsmilliarde – ein Wortungetüm aus den bürokratischen Spracharsenalen der Europäischen Union – wurde von Bundesrat und Parlament ohne die geringste Gegenleistung bewilligt. Die EU musste sich keinen Millimeter bewegen, weder beim Rahmenabkommen noch bei der Personenfreizügigkeit noch bei den Dienstleistungen, bei denen wir der EU ohne Gegenrecht vollen Zugang gewähren. Ihre Europapolitik blendet schweizerische Interessen weitgehend aus.
Kürzlich sagte der EU-Botschafter in Bern, Herr Matthiessen, dass die Schweiz, sollte sie sich noch länger der Forderung nach einem Rahmenabkommen widersetzen, auf eine Speisekarte kommen werde. Leuten, die Sie auf eine Speisekarte setzen wollen, sollten Sie nicht Ihr Geld geben, nicht Ihr eigenes und schon gar nicht das der Schweizer Steuerzahler. Solange die EU in irgendeiner Form Druck auf die Schweiz macht, solange irgendwelche Diskriminierungen bestehen – sei es bei der Börse, sei es bei den Handelshemmnissen, sei es bei den Universitäten –, können und dürfen wir diese Kohäsionsgelder nicht bezahlen. Das ist auch eine Frage der nationalen Würde.
Der Ständerat hatte immerhin die Kraft, eine Minimalbedingung an diese Zahlungen zu knüpfen. Die SVP Fraktion ist kategorisch und grundsätzlich gegen die Kohäsionsmilliarde. Aber darüber stimmen wir nicht mehr ab. Deshalb ersuchen wir Sie im Sinne des kleineren Übels, den Antrag der Minderheit Nussbaumer abzulehnen. Denn ihr Plan zielt natürlich darauf ab, die Kohäsionsauszahlung zu erleichtern. Bleiben Sie also bei der Version des Ständerates!