Nationalrat Sommersession 2022

allgemein

Nationalrat Sommersession 2022

Embargogesetz Änderung, Nationalrat 09.06.2022 (ZWEITRAT – DEUXIÈME CONSEIL )

09. Juni 2022

Köppel Roger (V, ZH):
Nein, wir brauchen keine Neuorientierung unserer Aussenpolitik. Genau das Gegenteil ist jetzt dringendst gefordert. Wir brauchen eine Rückkehr zu den bewährten Prinzipien unserer Aussenpolitik und Sicherheitspolitik. Das Instrument, dass sich in den letzten Jahrhunderten am meisten bewährt hat – dass man das überhaupt noch betonen muss -, dass die Sicherheits-Staatsmaxime der Schweiz schlechthin ist, weltweit bewundert wird, Sie können sich gar nicht vorstellen, wie viele Staaten sich danach sehnen würden, so neutral zu sein wie die Schweiz, ist die dauernde, bewaffnete und umfassende Neutralität der Schweiz.
Machen wir hier doch keinen Akt der Selbsthypnose; Wirtschaftssanktionen sind eine Waffe im Krieg. Mehr noch: Sie sind eine grausame Waffe. Sie sind eine Hungerwaffe, sie sind eine Angriffswaffe. Mit Wirtschaftssanktionen machen Sie die Schweiz – und haben es bereits gemacht – zur Kriegspartei in einem fürchterlichen Gemetzel an den östlichen Rändern Europas. Mit Wirtschaftssanktionen ziehen Sie die Schweiz in die Kriege der anderen hinein. Haben Sie nicht realisiert, dass Neutralität auch bedeutet, dass alle Kriegsparteien die Schweiz als neutral betrachten, nicht nur die Ukraine, die natürlich Freude hat, wenn unsere Bundesregierung und unsere Parlamentspräsidentin aufmarschieren, um dem ukrainischen Präsidenten ihre Huldigungen entgegenzubringen?
Russland hat die Schweiz auf eine Liste feindlicher Staaten gesetzt, d. h. die Schweiz ist nicht mehr in der Lage, in diesem Krieg ihre vitalen Friedensfunktionen zu erfüllen. Wir sind schlicht kein Vermittler mehr, weil wir aufgrund Ihrer Wirtschaftssanktionen Partei im Wirtschaftskrieg gegen Russland geworden sind. Sanktionen sind nicht einfach eine aseptische hygienische Waffe, mit der man quasi das gute Gewissen beruhigen kann. Wirtschaftssanktionen haben die Tendenz, zu eskalieren. Und genau das passiert in der Schweiz, Sie haben es ja gemerkt. Nach dem Verhängen der Wirtschaftssanktionen haben die Politiker realisiert, dass sie ja gar nichts bringen, im Gegenteil: Die Russen werden immer reicher, die Energiepreise steigen, und wir werden immer ärmer.
Wir schiessen uns ja selbst ins Knie. Also sind Politiker aus der Mitte-Fraktion und auch aus der FDP-Fraktion auf die Idee gekommen: Wir könnten ja Munition in die Ukraine liefern! Das ist auch nicht neutralitätskonform, das Gegenteil ist der Fall. Dann haben sie gemerkt: Aber die Munition alleine bringt es ja auch nicht, wir müssen noch Waffen liefern. Jetzt ist man in der Schweiz schon daran, über Waffenlieferungen an die Ukraine nachzudenken – unglaublich! Das kommt alles aus dieser schiefen Bahn.
Wenn Sie Waffen liefern, meine Damen und Herren, dann muss ja auch irgendjemand diese Waffen bedienen. Das heisst, am Schluss müssen Schweizer noch die kriegführenden Soldaten an den Waffen ausbilden, und am Schluss führt das, was mit Wirtschaftssanktionen begonnen hat, dazu, dass Sie Leichensäcke unserer Soldaten, unserer Waffenhelfer, unsere Waffenlieferanten aus den Kriegsgebieten in die Schweiz verantworten müssen.
Da sagt die SVP-Fraktion mit aller Eindringlichkeit und auch Entschiedenheit: Wir bitten Sie, auf diese Ausweitung des Sanktionsregimes nicht einzutreten. Wir bitten Sie, dass Sie Abstand von diesem Arsenal an Angriffswaffen nehmen, das im kompletten Widerspruch zur ganzen Geschichte unserer Schweiz seit 1515 steht. Die Schweiz hatte immer ein zurückhaltendes, ein vorsichtiges Sanktionsregime, ging da vielleicht schon einen Schritt zu weit, aber mit aller Vorsicht abgestützt und zurückhaltend.
Bitte, lassen Sie sich jetzt nicht von den Emotionen treiben, von dieser Aufgewühltheit, die zu einer falschen Politik führt. Unterstützen Sie den Antrag Nidegger, ganz herzlichen Dank.

Nationalrat Sommersession 2022

Embargogesetz Änderung, Nationalrat 09.06.2022 (ZWEITRAT – DEUXIÈME CONSEIL )

09. Juni 2022

Köppel Roger (V, ZH):
Lieber Kollege, ganz herzlichen Dank für diese Frage. Lassen Sie mich das hier mit kristallklarer Deutlichkeit sagen: Die SVP steht zu 150 Prozent auf dem Boden des Völkerrechts, selbstverständlich! Wir sind die Friedenspartei schlechthin, weil wir uns für die Neutralität einsetzen. Jetzt kommt der entscheidende Punkt: Glauben Sie denn, dass die Schweiz mit Wirtschaftssanktionen, die uns in Kriege hineinziehen können, Brüche des Völkerrechts verhindern kann? Es ist eine bedauernswerte Tatsache – das muss ich Ihnen nicht erklären -, dass immer wieder Kriege angefangen werden. Da draussen wimmelt es von Aggressoren. Grossstaaten, Grossmächte, Atommächte sind Raubtiere, und die werden immer einen Grund finden, einen Krieg anzufangen. Keine Grossmacht – weder Russland noch China noch die Vereinigten Staaten noch andere Grossmächte – hat jemals gesagt, dass sie das Völkerrecht verletzt hat, ganz im Gegenteil: Man setzt sich dann fast noch den Heiligenschein auf, wenn man einen Angriffskrieg startet. In diese Logik, in diese Kriegslogik darf sich die Schweiz nicht hineinziehen lassen. Sie darf auch nicht dem süssen Grössenwahn verfallen, sich einzubilden, mit ihren Wirtschaftssanktionen die Grossmächte, die Raubtiere, die bis auf die Zähne bewaffneten, vor Atomwaffen starrenden Riesenstaaten stoppen zu können. Kehren Sie – auch Sie von der FDP – zurück zur Bescheidenheit, zu jenem neutralitätspolitischen Erfolgsmodell, das Ihre Partei – Ihre Partei – 1848 mit der grossartigen Errungenschaft des modernen Bundesstaates ins Werk gesetzt hat.

Nationalrat Sommersession 2022

Embargogesetz Änderung, Nationalrat 09.06.2022 (ZWEITRAT – DEUXIÈME CONSEIL )

09. Juni 2022

Köppel Roger (V, ZH):
Zuerst möchte ich meinem Kollegen Hans-Peter Portmann für sein neutralitätspolitisches Glanzreferat gratulieren. Wir unterstützen Ihre Bedenken und können die Gedanken, die Sie hier in diesem Raum hervorragend ausgedrückt haben, sehr, sehr gut nachvollziehen. Die SVP-Fraktion unterstützt alle Minderheiten, mit Ausnahme der Minderheit Fischer Roland, die gegen unsere Wirtschaft gerichtet ist, die gegen unsere Unternehmen gerichtet ist, die gegen unsere KMU gerichtet ist und sich im Grunde nicht verträgt mit dem grünliberalen Profil seiner Partei, wobei, das ist das Problem dieser Partei, nicht unseres. Den Antrag dieser Minderheit lehnen wir also ab. Insbesondere lehnt die SVP-Fraktion den Antrag der Minderheit Molina ab. Sie müssen sich einfach vor Augen führen, was dieser Antrag bedeutet: Er versucht mit diesem Vorstoss eine komplette Schubumkehr der bisherigen Embargopolitik der Schweiz. Sanktionen sollen von Staaten auf Einzelpersonen ausgeweitet werden können – sozusagen eine Art Drohnenkrieg der Wirtschaftssanktionen, abgezirkelt auf Einzelne. Das sind Willkürwaffen. Wenn Sie die Praxis anschauen, die Sie heute sehen – zum Beispiel gegen Russland, gegen russische so genannte Oligarchen -, dann sehen sie: Da wird im einen Fall sanktioniert, im anderen nicht. Das ist die reine Willkür, das ist die Verwilderung des Rechtsstaates. Mehr noch: Mit diesen Willkürwaffen, mit diesen Drohnenkriegswaffen der Wirtschaftssanktionen verstricken Sie die Schweiz in Händel, in Konflikte gegen die Grossmächte. China wurde erwähnt. Versuchen Sie sich einmal vor Augen zu halten, was passierte, wenn die Schweiz, die kleine Schweiz, gegen das bevölkerungsreichste Land der Welt solche Sanktionen ergreifen würde. Da kommen Grossmachtallüren zum Ausdruck, bei denen es einem kalt den Rücken runterläuft. Ich als Enkel von sozialdemokratischen Grosseltern kann nicht mehr nachvollziehen, wie die Sozialdemokratische Partei der Schweiz, die sich ja immer für den Frieden eingesetzt hat, sich nun an der Seite der Vereinigten Staaten und anderer Atommächte für diese Ausweitung des Kriegsgeschehens auf diese modernen Willkürwaffen des Wirtschaftskrieges starkmachen kann.
Für mich absolut unverständlich. Blenden Sie zurück in die Zeit des Irakkrieges, als die Amerikaner einen völkerrechtswidrigen, das Völkerrecht zertrümmernden Einmarsch im Irak gemacht haben – dann hätten wir mit Herrn Molina zuvorderst im Geschützturm eines virtuellen Panzers gewissermassen die Amerikaner mit solchen Sanktionswaffen bedroht. Dann hätten wir die Amerikaner auf die Indexliste, auf die Sanktionsliste der Schweiz gestellt. Sind Sie sich dessen überhaupt bewusst? Wie ist es möglich, dass so intelligente Leute wie Sie auf derart verrückte Gedanken kommen können. Das dürfen wir auf keinen Fall mitmachen. Herr Molina, die Welt ist kein Kindergarten, wo man ein bisschen herumzäuseln kann. In dieser Welt sind waffenstarrende Erwachsene, die sich bedauerlicherweise immer wieder gegenseitig umbringen, und die Schweiz muss als kleines, verwundbares Land mit einer international aufgestellten Wirtschaft aufpassen, dass sie sich in diesem Weltgemetzel nicht selber zerstören lässt. Also bitte, erinnern Sie sich Ihrer eigenen Friedenstradition, Ihrer pazifistischen Wurzeln, Ihrer löblichen Zurückhaltung bei solchen eskalatorischen Massnahmen.
Wir bitten Sie, um diese Willkürwaffen der Wirtschaftssanktionen einzugrenzen, die Minderheiten zu unterstützen. Sie stärken damit das Völkerrecht, sie stärken damit mit Herrn Portmann die Neutralität, und Sie erteilen diesen abstrusen Vorstössen der SP eine Absage.

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