Nationalrat Herbstsession 2021

allgemein

Nationalrat Herbstsession 2021

Dringliche Interpellationen. Afghanistan und Zuwanderung

30. September 2021

Köppel Roger (V, ZH):
Zuerst muss ich die sehr weisen, staatsmännischen Worte meines Kollegen Fluri verdanken. Ich weiss, Kollege Fluri, Sie empfinden das jetzt als Applaus von der falschen Seite, aber er gilt trotzdem. Da sehen Sie einmal die Unvoreingenommenheit, die ich hier an den Tag legen kann, indem ich explizit etwas lobe, was Sie gesagt haben. Das würde Ihnen umgekehrt möglicherweise nie passieren.
Also, im Folgenden zum Thema am heutigen Nachmittag: Die SVP macht sich Sorgen, dass die Schweiz wieder in ein Asylchaos schlittern könnte, wie wir das im Jahr 2015 zugelassen haben. Die SVP setzt alles daran, um ein neuerliches Asylchaos in der Schweiz zu verhindern, denn die SVP steht hundertprozentig, erdbebensicher auf der Grundlage unseres Asylrechts und unserer Asyltradition. Mehr noch: Die SVP verteidigt den schweizerischen Rechtsstaat nicht nur im Bereich der Europäischen Union und der Abgrenzung vor institutionellen Verwicklungen, denn Rechtsstaat bedeutet in der Schweiz: Was Recht ist, das gilt; und was Recht ist, das beschliessen Volk und Stände. Das gilt auch und gerade in der Asylpolitik. Dort hat leider die Unsitte eingesetzt, dass sich politische Kreise aus dem linken Spektrum des Saals ermächtigen, sich aus moralischen, aus humanitären, aus moralisch scheinenden, aus behauptet moralischen oder aus sonstigen Gründen über den Rechtsstaat hinwegzusetzen und die Asyltradition, das Asylrecht zu unterlaufen. Diesen Absturz, diesen Fehler, dürfen wir nicht wiederholen.
Was heisst Asyltradition in der Schweiz? Was ist unser Asylrecht? Der Asylbegriff bezieht sich auf Menschen, die aufgrund unveränderbarer persönlicher Eigenschaften an Leib und Leben bedroht sind. Es geht nicht um Handlungen, die sie begangen haben, sondern um die Tatsache, dass sie verfolgt werden und am Leben bedroht sind, weil sie sind, wie sie sind. Das basiert auf dem schrecklichen Vorbild der jüdischen Flüchtlinge im Zweiten Weltkrieg. Das ist der Asylbegriff. Das ist der ganz kleine Teil jener Migranten, die jetzt unter dem Titel „Asyl“ in die Schweiz gekommen sind. Hier muss man einfach wieder zu geordneten Verhältnissen zurück.
Dann haben Sie eine zweite Kategorie, das sind die Kriegsvertriebenen; das sind die Leute, die unter dem Krieg, unter dem Wahnsinn ihrer Regierungen leiden. Diesen Menschen kann man natürlich Schutz gewähren, und dafür setzt sich die Schweiz ein; aber natürlich nicht, indem Sie diese Leute als Asylberechtigte in die Schweiz holen und ihnen hier eine permanente Niederlassungsbewilligung geben, sondern indem Sie diese Menschen auf Zeit schützen, am besten in der Nähe ihrer Konfliktgebiete. Das sind die Kriegsvertriebenen.
Dann gibt es die dritte Gruppe, das sind die Wirtschaftsmigranten. Die dürfen Sie nicht ins Land lassen, auch wenn wir Verständnis für die Motive dieser Menschen haben. Wir sind ja nicht dagegen, wenn ein armer Teufel aus Afrika sagt: Ich möchte lieber in der Schweiz wohnen. Das gilt vermutlich für etwa 7 Milliarden Menschen; die würden auch gerne in der Schweiz wohnen, weil die Schweiz ein schönes Land ist. Aber da müssen wir sagen: Entschuldigung, ihr könnt nicht kommen, dafür ist das Asyl nicht gemacht.
Deshalb müssen wir hier doch jetzt wieder einmal ganz klar am Rechtsstaat festhalten und sollten uns nicht von irgendwelchen Emotionen davontragen lassen. Wir müssen sagen: Nein – wie das Kollege Fluri festgehalten hat -, kühlen Kopf bewahren! Keine Flüchtlingskontingente für Afghanistan; nein, da sind wir dagegen!
Keine neuen Flüchtlingskategorien: Plötzlich geistert dieser Begriff „Menschen mit Bezug zur Schweiz“ herum. Ich kenne Millionen Menschen mit Bezug zur Schweiz; die würden am liebsten morgen hierherkommen. Wir dürfen doch solchen neuen Asylbegriffen hier nicht Folge leisten. Wir müssen das Asylrecht verteidigen.
Nebenbei bemerkt: Die SVP hat nicht verstanden, wieso sich die Schweiz als neutraler Staat so schnell aus Afghanistan zurückgezogen hat. Wir haben ja keinen Krieg dort. Aber das ist noch mal ein anderes Thema.
Also, lassen Sie keinen Asylmissbrauch zu! Helfen Sie der SVP, unsere Asyltradition und das Asylrecht zu verteidigen, denn die Leute, die den Asylmissbrauch zulassen, zerstören die Asyltradition, die die SVP – und ich hoffe doch auch die Mehrzahl von Ihnen – hochhalten will. Vielen Dank – und vielen Dank für die Toleranz für die Redezeitüberschreitung!

Nationalrat Herbstsession 2021

Anpassung der Bundesbeschlüsse über den zweiten Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten

30. September 2021

Köppel Roger (V, ZH):
Ich muss diese Diskussion zu vorgerückter Stunde mit einem abgewandelten Zitat des Filmemachers Woody Allen eröffnen: Die Europäische Union ist ein gemeinsames Verfahren zur Lösung von Problemen, die man alleine nicht hätte. Mit anderen Worten, die Europäische Union ist eine, wie wir hier schon festgestellt haben, institutionelle Fehlkonstruktion, in der alle für alles verantwortlich sind und niemand für etwas. Das ist der Grund, warum die Schweiz bis heute zögert, bei dieser Europäischen Union mitzumachen, und warum sie einen Beitritt, aber auch die institutionelle Unterwerfung unter dieses Gebilde verweigert.
Wir haben nichts gegen die Europäische Union. Wir arbeiten mit der Europäischen Union sehr gerne zusammen. Die Europäische Union möchte aber, dass sich die Schweiz ihrem Willen, auch institutionell und gesetzmässig, unterstellt. Deshalb macht sie Druck auf die Schweiz, um dieses Ansinnen zu erreichen. Das ist die Situation, die wir haben. Herr Aeschi hat es hier ganz klar dargelegt. Der Druck wird an unterschiedlichsten Fronten aufgebaut. Wir haben den Druck bei den Universitäten; wir haben den Druck bei den Studenten; wir haben den Druck bei Erasmus, bei Horizon. Wir hatten den Druck nach der Masseneinwanderungs-Initiative; die Europäische Union zog die Schrauben an. Wir haben die Diskriminierung unserer Börse, weil die Europäische Union der Schweiz die Anerkennung der Börse verweigert hat. Wissen Sie, was die Europäische Union gemacht hat? Sie hat die Börse Hongkongs anerkannt. Der Europäischen Union, Brüssel, stehen die Institutionen Chinas offensichtlich näher als die Institutionen der Schweiz. Diese Verrücktheit und diese offenkundige erpresserische Schwitzkastenmentalität ist der Grund dafür, warum dieses Parlament die Auszahlung von sogenannten Kohäsionsgeldern verweigert hat. Sie haben das verweigert. Die Bürgerlichen haben mit einer Stimme gesprochen. Ich höre die Exponenten der FDP noch in meinem Ohr. Sie plädierten dafür, „den Beschluss zur Kohäsionsmilliarde zu sistieren, bis sich die Beziehungen zur EU normalisieren“. Ihr Aussenpolitiker, der nicht genannt sein wollende Herr Portmann der FDP war es, glaube ich. Er sagte: „Dieser Antrag wird todsicher kommen. Wenn ihn niemand anders einreicht, werde ich es tun.“
Sie sind gestanden, meine Damen und Herren von der FDP, Sie haben das Naheliegende und das Logische gesagt – wir zahlen doch nicht unserem Erpresser! -, und jetzt plötzlich die Schubumkehr. Jetzt plötzlich will man jener Organisation Geld zahlen, die die Schweiz unter Druck setzt. Wissen Sie, was passiert, wenn Sie einem Erpresser Geld geben? Der kommt immer mit noch mehr Forderungen, die Sie dann bezahlen müssen. Wenn Sie glauben, das Krokodil besänftigen zu können, indem Sie es laufend füttern, dann werden Sie am Schluss von diesem Krokodil gefressen. Wobei ich jetzt die Europäische Union als nicht ganz so gefährlich ansehe, aber sie versuchen es; sie versuchen es, meine Damen und Herren!
Und dann haben Sie noch ein Problem – Sie haben noch ein Problem -: Die Europäische Union redet schon lange nicht mehr von einer Kohäsionsmilliarde, nur noch Sie in diesem Saal reden davon. Das ist die Vorstellung der Schweiz, das sei eine Kohäsionsmilliarde. Wissen Sie, was die Europäische Union sagt? Wissen Sie, was Herr Sefcovic sagt? Sie können es lesen, wenn Sie es lesen wollen. Er sagt, dies sei die Beitrittsgebühr der Schweiz für die Teilnahme am europäischen Markt. Es wird ja immer schöner, meine geschätzten Kollegen von der FDP. Jetzt muss die Schweiz also schon eine Eintrittsgebühr zahlen, damit wir unsere hochgeschätzten Produkte, die in der Europäischen Union nachgefragt werden, in der EU gnädigst verkaufen dürfen. Wir müssen ihnen also zuerst Geld geben, damit unsere Firmen etwas verkaufen dürfen – eine Eintrittsgebühr. Das wollen Sie bewilligen! Ich meine, wenn man das ernst nimmt, müsste die Schweiz sagen: Entschuldigung, also wenn wir bei euch eine Eintrittsgebühr zahlen müssen, dann müsst ihr bei uns auch eine Eintrittsgebühr zahlen. Und die EU exportiert ja mehr in die Schweiz als umgekehrt die Schweiz in die EU. Die müssten uns also einen höheren Kohäsionsbeitrag zahlen, Herr Bundesrat; Sie müssten da mehr Geld für uns herausholen. Das geht nicht!
Also, kurzum: Nichteintreten! Das geht nicht; wir dürfen uns nicht erpressen lassen! Wir dürfen uns das auch nicht in diesem Tempo aufdrücken lassen. Das Motiv hier ist ja offensichtlich: Sie möchten einfach vermeiden, dass es bei diesem Gesetz noch zu einer Volksabstimmung, zu einem Referendum kommt; darum wollen Sie das, Tempo Teufel, jetzt heute Abend noch reinwürgen.
Ich bitte Sie namens der SVP: Geben Sie dieser Erpressung nicht nach! Knicken Sie nicht ein! Bleiben Sie bei diesem standfesten, richtigen Urteil, das die FDP damals abgegeben hat. Ich danke Ihnen sehr herzlich für die Unterstützung.

Beginnen Sie mit der Eingabe und drücken Sie Enter, um zu suchen