Auf Hausbesuch bei Roger Köppel

allgemein

DER SVP-POLITIKER GANZ PRIVAT

Von Jessica Pfister, erschienen in der „Schweizer Illustrierten“ am 02. Mai 2021
Bild: Fabienne Bühler

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ndlich öfters zu Hause! Wegen der Pandemie verbringt Roger Köppel mehr Zeit mit seiner Familie in Küsnacht ZH. Warum der SVP-Politiker und Verleger Homeoffice trotzdem nicht mag und welches seiner vier Kinder daheim der Chef ist.

Mit Jimmy spielt der 17 Monate alte Paul besonders gern. «Meinst du, Jimmy hat Durst?», fragt Roger Köppel, 56. Der Kleine nimmt seinen Schoppen und steckt ihn der Stoffpuppe vor Freude glucksend in den Mund. «Paul ist ein heiteres Kind – seine Geschwister haben extrem Freude an ihm», sagt Köppel und streicht seinem Jüngsten über den Kopf.
Seit Corona ist der SVP-Nationalrat und «Weltwoche»-Verleger, der normalerweise um fünf Uhr aufsteht und bis spätabends von Termin zu Termin hetzt, vermehrt zu Hause. Vom Homeoffice hält er allerdings nicht viel: «Gut ist, dass es weniger sinnlose Meetings gibt. Doch wie soll einer produktiv arbeiten, wenn er alle zehn Minuten zum Kühlschrank gehen kann?» Dennoch gibt Köppel zu, dass er die Zeit mit seinen vier Kindern Karl, 11, Viktor, 9, Anna, 6, und Paul geniesst. «Wir haben aber auch genügend Platz – da sind wir privilegiert.»

Seit zwölf Jahren lebt Köppel mit seiner Frau Tien, 45, in einer renovierten Villa aus dem Jahr 1920 in Küsnacht ZH. «Ich mag Häuser mit Geschichte», sagt Köppel, der in einem über 100 Jahre alten Haus in Kloten ZH als Sohn eines Bauunternehmers aufwuchs.

Den Einrichtungsstil beschreibt der Journalist als «eklektisch». Ein Stilmix, bei dem Dinge von verschiedensten Reisen ein Gesamtbild formen. Am meisten hat er aus Berlin mitgebracht. Im edlen Charlottenburg lebte er während seiner Zeit als Chefredaktor der «Welt» von 2004 bis 2006 in einer Altbauwohnung mit vier Meter hohen Räumen.
Die Möbel – ein Mix aus Designklassikern und Massivholzstücken – stammen aus dem Geschäft Stilwerk. «Unser Sofa und die Stühle waren dort Ausstellungsobjekte.» Für die Dekoration sorgt seine Frau – sie hat auch die Tapete mit Kolibris im Gästebad ausgesucht.

Auffallend im Eingang des Hauses sind neben den gemalten Porträts der Kinder Karl und Viktor («von einer befreundeten Künstlerin») die Büsten von Karl Marx («in seinem Geburtshaus in Trier erstanden») und Mao. «Ideale Buchstützen», sagt Köppel und lächelt verschmitzt.

Bücher besitzt der Journalist, der politische Philosophie und Wirtschaftsgeschichte studierte, Hunderte («ein heikles Thema zu Hause»).

In der Bibliothek mit Blick auf den See sind sie alphabetisch geordnet, im Büro im Untergeschoss mit Blick in den Garten geografisch und nach Genre. In den unteren Stock zieht sich Köppel nicht nur zum Lesen zurück, seit letztem Herbst zeichnet er im roten Arne-Jacobsen-Stuhl auch seinen Podcast «Weltwoche Daily» auf – «meine tägliche Psychotherapie, um mein geistiges Immunsystem gegen den Mainstream zu stärken».

Um Stoff für die 30-minütige Sendung zu haben, wälze er vermehrt Grundlagenwerke wie die Lutherbibel. «Extrem unterschätzt und lange verpönt – das reizt mich!» Dazu passe die Bibel der amerikanischen Konservativen «The Conservative Mind» von Russell Kirk, die er zurzeit ebenfalls liest. «Das ist, was Trump versuchte, nur etwas intellektueller formuliert», sagt Köppel und zeigt grinsend auf den Wackel-Trump auf seinem Schreibtisch.

Seine Heldin fürs Wochenende sei aber Agatha Christie mit ihren Krimis: «Ihre Bücher stehen exemplarisch für die Klugheit der Frau.»

Tien Köppel hält sich bei Presseterminen ihres Mannes im Hintergrund. Die ehemalige UBS-Portfoliospezialistin kümmert sich um die Finanzen der «Weltwoche». Und während des Lockdowns half sie den Kindern beim Homeschooling, während Köppel im Garten einen Hindernisparcours baute oder ihnen Gutenachtgeschichten vorlas.

«Wobei ein Text von mir das beste Schlafmittel ist!» Seiner Frau, die er vor rund 13 Jahren bei einem «Weltwoche»-Podium kennenlernte, sagte er schon früh: «Es wäre schön, viele Kinder zu haben.» Spannend sei, dass die vier völlig unterschiedliche Charaktere hätten. «Die Chefs bei uns im Haus sind aber die Frauen.» So sei Tochter Anna die Extrovertierteste.

«Mein Podcast ist Psycho­therapie für mein geistiges ­Immunsystem»

Dies zeigt sich auch beim Besuch der Journalistin: Die Sechsjährige saust auf dem Hintern das Treppengeländer hinab oder spielt Rössli auf Papis Schultern. Was sie mag? «Rosa und an Parfum schmöcken», sagt sie.»

Sportbegeistert sind die Buben Viktor und Karl. «Sie sind kompetitiv und schlegeln hin und wieder. Da muss ich dann auch mal deeskalieren», sagt Köppel.

Einen bestimmten Erziehungsstil würden seine Frau und er nicht pflegen, auch keine Ratgeber lesen. Wichtig sei ihnen, den Kindern gewisse Werte mitzugeben wie Anstand – auf den Rest habe man sowieso keinen Einfluss. «Im Moment habe ich ohnehin das Gefühl, dass nicht ich meine Kinder, sondern dass meine Kinder mich ziemlich autoritär erziehen.»

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